Wer wir sind, definiert sich unter anderem durch unsere Kenntnisse und Fähigkeiten. Der Verlust dieser stellt eine existenzielle Bedrohung dar und wird meist als sehr schmerzlich empfunden.
Andrea S. berichtet von ihrem Vater:
Als ehemaliger Taxifahrer kannte mein Vater jede Ecke der Stadt, doch mit der Demenz kam das Vergessen. Als wir ihm dann seine Autoschlüssel weggenommen haben, war er außer sich vor Wut. Es wäre lebensgefährlich gewesen, ihn auf die Straße zu lassen, doch er sah das nicht ein. Es dauerte Monate, bis er sich den Verlust seiner Fahrtauglichkeit eingestehen konnte. Das Autofahren war für ihn gleichbedeutend mit Freiheit. Und die haben wir ihm in seinen Augen genommen.
- Wenn das Autofahren unsicher wird, steigen Sie um auf öffentliche Verkehrsmittel, fahren Sie gemeinsam auf einem Tandemrad oder erledigen Sie mehr Wege zu Fuß. Vielleicht bieten Angehörige Fahrdienste an. Riskieren Sie keinesfalls einen Unfall.
Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. informiert zum Thema Autofahren und Demenz.
Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. stellt für alle Interessierten einen Film mit dem Titel „Autofahren und Demenz“ zur Verfügung.
Häufig beginnt mit dem Verlust der Mobilität eine Krise. Aber auch andere Themen können existenzielle Leiden hervorrufen. Welche das sind, ist abhängig davon, wie lebensbestimmend die verlorene Kompetenz gewesen ist. Eine Krise äußert sich meist durch eine depressive Stimmung, eine erhöhte Reizbarkeit oder Aggressivität.
Ohne Worte können wir unsere Gedanken und Empfindungen nicht ausdrücken. Man steht seiner inneren Verwirrung stumm gegenüber. Der Kontakt zu anderen Menschen wird zu einer Herausforderung. Angst und Schamgefühl lösen einen sozialen Rückzug aus, der in eine Krise münden kann.
Menschen mit Demenz erleben ihre Hilflosigkeit ganz bewusst, wenn sie etwa nach dem Einkaufen ihren Wohnort nicht mehr finden. Die Orientierungslosigkeit beschneidet die eigene Freiheit, denn ohne Hilfe sind Ausflüge undenkbar. Möglicherweise ist eine Überwachung mittels GPS erforderlich, wodurch auch ein Stück der Privatsphäre verloren geht. Ein Orientierungsverlust kann so den Beginn einer Krise markieren.
Werken, Stricken oder Backen – die Hände wollen einfach nicht mitmachen. Die Koordination der Bewegungen ist ein Kraftakt. Trotz größter Anstrengungen misslingt, was früher Anerkennung und Lob eingebracht hat. Es kann sehr belasten, liebgewonnene Fertigkeiten zu verlieren.
In unserer Gesellschaft ist der Beruf häufig eine Quelle des Selbstwertgefühls und eine tragende Säule der persönlichen Identität. Nicht zuletzt sehen sich insbesondere Männer in der Rolle des Versorgers, der durch seine Erwerbstätigkeit das Einkommen der Familie sichert. Fällt der Arbeitsplatz weg, kann man in eine schwere Krise geraten. Anstatt die Angehörigen zu versorgen, ist man nun selbst hilfebedürftig.
Auf der Webseite des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erhalten Sie Informationen zum Thema Krisenintervention bei Demenz.
Verhaltensänderungen nehmen zu
Mit dem Fortschreiten der Demenzerkrankung lassen die geistigen Fähigkeiten weiter nach. Die Sprache, das Denken und die Handlungsfähigkeiten sind zunehmend beeinträchtigt. Es lässt sich nicht mehr verdecken, dass man etwas nicht weiß oder kann. Dies frustriert und verunsichert. Manche Betroffene reagieren darauf mit einem inneren Rückzug und werden antriebslos. Andere reagieren mit aggressiven Verhaltensweisen oder mit starker Unruhe. Die Erkrankung kann zudem Sinnestäuschungen wie Wahnvorstellungen oder Halluzinationen auslösen. Auch diese Symptome beeinflussen das Verhalten.
Regina berichtet von den Verhaltensänderungen, die sie mit ihrem Ehemann Peter erlebt hat.
- Peter hatte eine Phase, da musste er ständig in den Sachen herumwühlen. Er fand keine Ruhe und hat einfach immer wieder gekramt. Ich habe dann eine alte Arbeitstasche von ihm genommen, dort verschiedene Zettel und Stifte hineingesteckt und sie ihm gegeben. Das hat etwas geholfen.
- Einmal hat Peter mich ganz fest an der Hand gepackt und sie nicht mehr losgelassen. Er hat gar nicht gemerkt, dass er mir wehtat. Ich wusste mir nicht mehr zu helfen und habe ihn angeschrien. Erst da hat er losgelassen. Jetzt versuche ich, einzuschätzen, ob ich mich ihm nähern kann oder nicht. Das ist gar nicht so einfach.
- Ganz erschreckend waren Peters Unterstellungen. Mal hat er gesagt, dass ich ihn vergiften will. Dann hat er gemeint, ich würde fremde Leute ins Haus lassen. Unser Neurologe sagte mir, dass dies Halluzinationen sind und hat ein Medikament verschrieben. Seitdem ist es etwas besser geworden.
- Holen Sie Hilfe, wenn Situationen nicht mehr allein bewältigt werden können. Nachbarn, die von der Erkrankung wissen, können die Situation entschärfen. Sie können aber auch jederzeit die Polizei verständigen, wenn Sie sich bedroht fühlen.
Bewegung hilft
Bewegung fördert das körperliche Wohlbefinden und trainiert das Gehirn. Studien haben gezeigt, dass Bewegung die Vernetzung der Hirnzellen fördert. Tägliche Bewegung stärkt zudem das Gleichgewicht, verringert das Sturzrisiko und erhält Ausdauer und Muskelkraft. Auch Menschen mit Demenz profitieren deshalb von regelmäßiger Bewegung. Oftmals können Unruhe und orientierungsloses Umherlaufen über regelmäßige Bewegung abgefangen werden.
Gerade das Tanzen ist gut geeignet, weil es das Hören mit einer Bewegung kombiniert. Auch eine altersangepasste Gymnastik fördert die Bewegungsbereitschaft im Alltag.
- Informieren Sie sich beim Sportbund in Ihrer Region, ob es in Ihrer Umgebung ein passendes Sport- und Bewegungsangebot gibt. Vielleicht ist das Tanzen sogar etwas, um gemeinsam Bewegung und Spaß genießen zu können.
Freiräume geben – Risiken minimieren
Manchmal verlässt der Mensch mit Demenz unerwartet die Wohnung. An sich stellt dies kein Problem dar, doch oftmals wird unterwegs vergessen, welcher Weg zurück nach Hause führt. Dieses Verhalten wird Hinlauftendenz genannt, weil die Aktivität meist auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet ist. Oftmals geht es darum, einen wichtigen Termin wahrzunehmen, einen Bus zu erreichen oder eine Person abzuholen. Doch ohne Wissen um den Weg zurück entwickeln sich Unsicherheit und Angst. Auch eine körperliche Erschöpfung ist möglich.
Es strengt an, stets wachsam zu sein und darauf zu achten, dass solche Ausflüge nicht unbegleitet stattfinden. Vielleicht entlastet es Sie, wenn Sie sich auf solche Situationen vorbereiten. Sie können gezielt Hilfsmittel einsetzen, um einen Ausflug zu bemerken und die Person wiederzufinden.
Klicken Sie auf die Karten, um mehr zu erfahren.
Eine Übersicht zu technischen Hilfsmitteln finden Sie auf der Webseite der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V.
Symptome medikamentös behandeln
Bei einer Demenzerkrankung können verschiedene Medikamente zum Einsatz kommen, die etwa die Stimmung oder auch Verhaltensauffälligkeiten beeinflussen. So kann im besten Fall eine kleine Erleichterung von Symptomen, keinesfalls aber eine Heilung der Erkrankten erzielt werden.
Ein möglicher Einsatz muss fachärztlich abgeklärt und sorgfältig abgewogen werden, da jedes Medikament Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten hat.
Hier geht es zum Informationsblatt der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. mit Hinweisen zur medikamentösen Behandlung bei Demenzerkrankungen.
Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. hat ebenso eine Information zur nicht-medikamentösen Behandlung bei Demenz zusammengestellt.
Auch die Alzheimer Forschung Initiative e.V. hält Informationen zur medikamentösen Behandlung der Alzheimer Krankheit bereit.